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Eine ganz normale Arbeitswoche und die ersten Abschiede

Der Montag war ein ganz normaler Tag. Am Nachmittag brachte Sophies Mama (Tabita) dann eine große Tüte mit Erdnüssen mit. Als sie gegangen war, brach plötzlich eine große Aufregung bei den Lehrerinnen aus und sie riefen mir zu: „No money, no money!“. Als sie meinen fragenden Blick sahen, erklärten sie mir, dass Tabita kein Geld hat, aber trotzdem extra für mich und die Lehrerinnen Erdnüsse gekauft hat und diese sehr teuer und edel seien.
Dienstag früh auf dem Arbeitsweg, als ich mit den anderen beiden Freiwilligen am Streetfood Platz vorbeigegangen bin, hat uns Tabita eingeladen, dort Frühstück zu essen. Ich blieb und die anderen beiden gingen, da sie sonst zu spät gewesen wären. Sie sagten noch meinen Lehrerinnen bescheid, dass ich später kommen würde, da ich verschlafen hatte. Als ich allerdings sah, was sie mir zu Essen hinstellte, wäre ich am liebsten wieder gegangen. Es war ein „Glibber-Reiskuchen“ wie ich ihn jetzt oft nenne. Er bestand aus Reis, hatte aber eine gelee-artige, glibberige Konsistenz und war mit Fleisch gefüllt. Voller Hoffnung darauf, dass ich diesen nicht essen musste, fragte ich Tabita, ob dieser Kuchen vegetarisch sei. Sie lächelte mich nur an, nahm einen Löffel, pulte damit das Fleisch heraus, sodass nur noch die Glibbermasse übrig blieb und sagte ja, dieser Kuchen ist vegetarisch. Nun musste ich ihn essen, da ich auch wusste, dass dieser Kuchen sehr teuer und aufwendig zubereitet ist und dass es ein Privileg ist, wenn man diesen bekommt. Ich bekam ihn nur mit Mühe herunter. Den ganzen Tag lang schälte ich dann mit Sophie und noch einem anderen Mädchen Erdnüsse bis meine Finger rot waren… Zum Mittag bekam ich dann auch wieder etwas von Tabita. Manchmal hatte ich wirklich das Gefühl, dass sie dachte, sie muss mich durchfüttern. :-D
Mittwoch war dann der letzte Tag von den anderen beiden Freiwilligen bei mir im Center. Sie wollten noch gefilmt werden, während sie über die Straße gingen und sie filmten auch unseren Arbeitsweg zum Center. Vormittags war wieder Erdnüsse schälen angesagt und am Nachmittag blieb ich zu Hause, da es mir nicht gut ging. Ich schlief dann den ganzen Nachmittag lang und später erzählten mir die anderen beiden Freiwilligen, dass sich meine Lehrerinnen große Sorgen um mich gemacht haben und sie total besorgt gefragt haben, wo ich denn wäre. Am Abend ging es mir dann schon wieder besser und wir gingen in das Trill Rooftop Café.
Donnerstag war dann mein erster Tag allein im Center. Vormittags hieß es wieder Erdnüsse schälen und nachmittags herrschte Chaos in meiner Klasse. Es waren irgendwelche europäischen Ärzte von der Organisation da, mit der auch die beiden anderen deutschen Freiwilligen im Center da waren. Sie untersuchten die Kinder und gaben dann Tipps, die nicht umsetzbar waren. Sie taten auch nichts dagegen, dass Chaos in der Klasse herrschte. Im Gegenteil – sie beanspruchten einige Lehrerinnen auch noch für sich, sodass teilweise nur eine Lehrerin für 13 Kinder da sein konnte und ganz nebenbei noch ein paar Fragen der Ärzte beantworten musste. Zum Beispiel sagten sie, dass Sophie einen Rollator brauchte, mit dem sie laufen könne. Dabei wäre erstens kein Platz für solche Übungen, zweitens ist das Geld dafür nicht da und drittens könnte sie diesen auch draußen in den kleinen Gassen bzw. an der großen Straße nicht benutzen. Es war also ein Tipp, den man beim besten Willen nicht umsetzen kann. Das Ganze wirkte für mich sehr albern und nutzlos und auch der Umgang mit den Lehrerinnen war auf keinen Fall auf Augenhöhe. Nachdem die Ärzte weg waren, hielten die beiden anderen deutschen Freiwilligen noch einen Vortrag für die Lehrerinnen über die Behindertenhilfe in Deutschland. Sie erzählten allerdings nur, was Menschen mit Behinderung alles bekommen und wie gut sie es in Deutschland haben. Die negative Seite des ganzen ließen sie komplett weg und wie sich später auch noch herausstellte, hatten sie alles aus dem Internet abgeschrieben und erzählten zum Beispiel etwas über Schulen für Kinder mit Behinderung, wobei sie noch nie in einer waren. Das wäre nicht schlimm, wenn sie nicht auch Sachen erzählt hätten die absolut nicht stimmen. Nun ja, sie waren aber so überzeugt und stolz auf ihren Vortrag, sodass ich nichts sagte, sonst wäre es bestimmt in einem Streit geendet. Am Abend erzählte ich Akira, einer neuen japanischen Freundin von mir, von den Ärzten und dem Vortrag und musste mich erstmal abregen.
Freitagvormittag beschäftigte ich mich ganz normal mit Sophie, doch am Nachmittag sollte ich mich um ein anderes Mädchen ganz am anderen Ende des Raumes kümmern. Es brach mir das Herz zu sehen, wie traurig Sophie war, dass ich nicht bei ihr war. Ich verstand nicht ganz, warum das sein musste und vor allem so kurz vor meinem Arbeitsschluss… Später, als alle YouTube-Videos sahen, setzte ich mich allerdings wieder zu Sophie und sie freute sich riesig darüber. Am Abend packte ich dann noch meine Sachen für den Wochenendtrip nach Mai Chau.